Der enorme Kaffeekonsum im 17. und 18. Jahrhundert lag nicht allein an der großen Beliebtheit der Kaffeehäuser. Während die männliche Bevölkerung im Kaffeehaus den Kaffee genoss, fingen die Frauen an, zu Hause dem Getränk zu frönen. Damals wurde das „Kaffeekränzchen” bei den Damen sehr beliebt. Diese Sitte setzte sich auch in den unteren Schichten mit zunehmender Beliebtheit des Kaffees durch.
Zwar versuchte die Bevölkerung im Normalfall neue Trends der Obrigkeit zu übernehmen, doch manchesmal mussten diese den Lebensumständen der ärmeren Schichten angepasst werden. Folglich trank der gemeine Landarbeiter, Handwerker oder Tagelöhner zwar Kaffee (wie die Obrigkeit), der konnte aber durchaus ziemlich dünn sein oder mit Kaffee-Ersatz angereichert sein. Dieser Ersatz sah dem Kaffee ähnlich und erinnerte auch im Geschmack an das Original. Es gab einige Pflanzenprodukte, die ab 1688 als Ersatzstoff für Kaffee dienten: Neben gerösteten Kastanien, Roggen und Gerste versuchte man es auch mit Bucheckern, Nüssen oder Erbsen. Malzkaffee, Eichelkaffee oder Mandelkaffee kannte man auch.
Mit der Wurzel des Löwenzahns stellte man in einigen Gegenden ebenfalls ein Ersatzprodukt für Kaffee her. Dem Kaffee gleich sind die Wurzeln (nach dem Ausgraben und Reinigen) getrocknet und geröstet worden. Wie die Kaffeebohnen sind dann die Wurzeln zum Trinken gemahlen worden.
Doch erst der Zichorienkaffee setzte sich als Kaffee-Ersatz ab 1770 wirklich durch. Dieser Kaffee-Ersatz wurde und wird heute noch als Muckefuck bezeichnet. Er wird aus der Zichorie, oder auch Gemeinen Wegwarte, gewonnen, die an Wegrändern wuchs. Aber durch den steigenden Bedarf ist die Wurzelzichorie dann auch angebaut worden. Besonders mit der Konzessionsvergabe für den Betrieb einer Zichorienfabrik sowohl in Berlin als auch in Braunschweig (ca. 1770) wurde der Anbau vorangetrieben. Da Friedrich der Große den Kaffeebohnenverbrauch für die gemeinen Untertanen praktisch unmöglich gemacht hatte, förderte er als Ersatz für den Bohnenkaffee den Anbau der Zichorie. Der Ersatzkaffee war dem Original farblich ähnlich und schmeckte ebenfalls bitter – aber er war lange nicht so teuer. Außerdem fehlte das Koffein.
Aus dem Mittelalter ist die Verwendung der Gemeinen Wegwarte als Arzneimittel bekannt. Bei Magen- und Darmerkrankungen ist sie eingesetzt worden und war als Appetitanreger bekannt. Heute kennt man den Zichorienkaffee noch als Bestandteil in Caro-Kaffee. Aber auch die ursprüngliche Verwendung für Salat und Gemüse ist geblieben: Der heute noch bekannte Chicoree ist eine Kulturform der Gemeinen Wegwarte. Nachdem die Pflanze 2005 das „Gemüse des Jahres” und „Blume des Jahres 2009” war, ist die Gemeine Wegwarte in diesem Jahr 2020 zur „Heilpflanze des Jahres” ernannt worden.
Kaffee wurde nicht nur als Getränk genossen, sondern fand auch Einzug in die Speisen. Man ersetzte in der Oberpfalz die traditionelle Mehlsuppe durch die Kaffeesuppe. Diese Kaffeebrühe wurde mit schwarzem Brot in Bröckchen gelöffelt. Auch das Mittagessen bestand öfters aus Kaffee: z.B. Kaffeemus, bei dem Brötchen mit Kaffee und manchmal auch Milch aufgegossen wurde. Zum Teil wurde der allseits beliebte Getreidebrei abgeändert und mit Kaffee zubereitet.