Das Zentrum der mitteldeutschen Kaffeehauskultur ist Leipzig. Dort fand im „Zimmermannischen Caffee-Hauß” die Uraufführung der „Kaffeekantate” von Johann Sebastian Bach statt. Diese Kantate („Schweigt stille, plaudert nicht”, BWV 211) ist als Höhepunkt der sächsischen Kaffeehausmusik allgemein anerkannt.
In dem Musikstück wird die Geschichte von Liesgen Schlendrian erzählt, die dem Kaffee sehr zugetan ist und ihn ungemein gerne genießt:
„Ey! wie schmeckt der Coffe süsse,
Lieblicher als tausend Küsse,
Milder als Muscaten-Wein.
Coffe, Coffe muß ich haben;
Und wenn jemand mich will laben,
Ach so schenckt mir Coffe ein.”
Der Vater versucht, sie vom täglichen Kaffeegenuss abzubringen. Zum Verzicht auf das Schälchen Kaffee
(„…Wenn ich…nicht…mein Schälgen Coffe trincken darf…”)
ist Liesgen erst dann bereit, als ihr ansonsten ein Mann bzw. die Heirat verboten wird. Um auch noch den Kaffee in der Ehe trinken zu können, wird von ihr heimlich verbreitet, dass als Zukünftiger nur akzeptiert wird, wer auch in der Ehe jederzeit das Kaffeetrinken erlaubt. Ironisch singt der Chor zum Schluss:
„Die Katze lässt das Mausen nicht.
Die Jungfern bleiben Kaffeeschwestern.
Die Mutter liebt den Kaffeebrauch,
die Großmama trank solchen auch.
Wer will nun auf die Töchter lästern!”
Der Text der 1734 entstandenen Kantate ist aus der Feder von Picander und wurde damals auch von anderen Komponisten verwandt. Erstmals ist der Text bereits 1732 veröffentlicht worden in Picanders „Ernst-Schertzhaffte und Satyrische Gedichte”, Teil 3, Seite 564–567, unter dem Titel „Über den Caffe” (Untertitel: Cantata). Lediglich in der Kantate von Bach existiert ein besonderer Schlussteil, der einmalig ist und dessen Urheberschaft nicht nachvollzogen werden kann. So sind „Nun geht und sucht der alte Schlendrian” und „Die Katze läßt das Mausen nicht” von einem Unbekannten gedichtet worden.
Hinter dem Pseudonym Picander verbirgt sich Christian Friedrich Henrici, der vom 14.01.1700 bis zum 10.05.1764 gelebt hat. Nach seinem Jurastudium hat er als Hauslehrer wohl eher wenig verdient und sich deshalb wahrscheinlich als Dichter betätigt. Als Gelegenheitsdichter, der seine Lyrik meist auf einen bestimmten Anlass hin und aus kommerziellen Gründen verfasst hat, hat er relativ viele Werke verfasst. Bekannte Werke von ihm sind z.B. „Ernst-Schertzhaffte und Satyrische Gedichte, Teil I bis V„und „Sammlung erbaulicher Gedancken”. Er war u.a. bei Johann Sebastian Bach sehr beliebt. Neben dem Text der Kaffeekantate wurden in Bachs Matthäus-Passion (BWV 244), Markus-Passion (BWV 247), der Trauerode „Klagt, Kinder, klagt es aller Welt” (BWV 244a) und vielen anderen Werken die Texte von Picander vertont. Zwischen Bach und Picander hat sich eine Freundschaft entwickelt, die auch in der Zusammenarbeit bei unzähligen Werken Früchte trug.
Bildnachweis:
- Leipzig Gedenktafel Picander: Rabanus Flavus (eigene Bearbeitung) | CC0 1.0 Universal